Budapest (SID) – Was für eine Geschichte! Ausgerechnet Javi Martinez hat Bayern Münchens herausragender Triple-Saison mit dem Supercup das Krönchen aufgesetzt. In seinem vermutlich letzten Pflichtspiel für die Bayern nach acht Jahren köpfte der Spanier beim hoch spannenden 2:1 (1:1, 1:1) n.V. gegen den zähen Europa-League-Sieger FC Sevilla das entscheidende Tor. Mit ihrem zweiten Triumph im Spiel der Giganten machten die Münchner bei der Corona-Farce von Budapest wie 2013 das „Quadruple“ perfekt.
In einem „Finale“ für Taktik-Feinschmecker glich Nationalspieler Leon Goretzka (34.) die frühe Führung der unbequemen Andalusier durch Lucas Ocampos (13., Foulelfmeter) aus. Abwehrchef David Alaba hatte den Strafstoß verursacht. In der Schlussphase und der Verlängerung drängten die favorisierten Münchner bei ihrem ersten Spiel vor Fans seit März auf die Entscheidung, Sevilla war aber brandgefährlich. Youssef En-Nesyri traf den Pfosten (92.). Martinez (104.), der vor der Rückkehr zu Athletic Bilbao steht, erlöste die Bayern.
15.180 Zuschauer, darunter mehrere Hundert Münchner Fans, trotzten der Angst vor einem „Fußball-Ischgl“ und feuerten ihre Lieblinge in der Puskas Arena an. Das Pilotprojekt der UEFA zur Zuschauerrückkehr im Risikogebiet hatte vielfach Kritik provoziert. Von einem unverantwortlichen „Menschenversuch“ war die Rede. „Glaubt nicht, dass wir das wegen des Geldes tun“, verteidigte UEFA-Boss Aleksander Ceferin seinen „Testballon“ und betonte: „Es kostet mehr, als wir einnehmen.“
Als Fan, hielt Trainer Hansi Flick unmittelbar vor dem Anpfiff bei Sky dagegen, „wäre ich nicht gefahren“. Und auch auf dem Rasen sah er Dinge, die ihm nicht gefielen. Alaba, nach muskulären Problemen und der Dauerdiskussion um seine Vertragsverlängerung von Flick zurück in die Startelf beordert, rempelte den Ex-Schalker Ivan Rakitic im eigenen Strafraum plump um – Elfmeter. Ocampos ließ Torwart Manuel Neuer, der Rakitic vergeblich rüffelte, mit seinem überlegten Flachschuss keine Chance.
Für den deutschen Rekordmeister war es der erste Rückstand in einem Pflichtspiel seit Anfang Juni. Die Münchner hatten phasenweise größere Probleme mit Sevillas mutigem, von teilweise hohem Pressing geprägten Spielstil. Der Champions-League-Sieger fand nur mühsam zu seiner gewohnten Dominanz, das Flügelspiel mit dem neuen Traumduo Leroy Sane und Serge Gnabry lahmte anfangs bedenklich. Thomas Müller (22.), Benjamin Pavard (26.) und Robert Lewandowski (30.) vergaben erste gute Gelegenheiten. Nach einem feinen Müller-Chip legte der polnische Torjäger klug zum Ausgleich durch Goretzka auf.
Die Bayern, betonte Sportvorstand Hasan Salihamidzic, wollten nur 32 Tage nach dem Triumph von Lissabon gleich wieder „ein Signal senden an Europa“. Doch auch nach der Pause hatte Sevilla den besseren Start: Der ehemalige Gladbacher Luuk de Jong zwang Neuer zu einer starken Parade (46.).
Kurz darauf jubelten die Bayern über den vermeintlichen Führungstreffer, doch Lewandowski stand bei Müllers Zuspiel einen Fuß breit im Abseits (51.). Auch Sanes Tor (63.) zählte nicht, weil der englische Schiedsrichter Anthony Taylor zuvor ein Foul von Lewandowski erkannt haben wollte. Salihamidzic protestierte lautstark – und sah die Gelbe Karte.
Wer geglaubt hatte, Sevilla würde im ersten Pflichtspiel nach dem Finalsieg gegen Inter Mailand (3:2) vor über vier Wochen stärker einbrechen, sah sich getäuscht. Der Europa-League-Rekordsieger hielt das taktisch hohe Niveau – und er ließ die Bayern leiden. Neuer verhinderte einen möglichen Lucky Punch von En-Nesyri (87.) glänzend.
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