Seine früheren Gefühle für den FC Bayern hegt der Autor längst nicht mehr.
Köln (SID) – Philosoph und Autor Peter Sloterdijk hat vor dem Start der Fußball-EM vor allzu großer Euphorie gewarnt. „Märchen dieser Art kann man nicht a la carte bestellen“, sagte Sloterdijk der Rheinischen Post mit Blick auf das Sommermärchen 2006.
Die WM 2006 habe eine besondere Note gehabt, da es nicht lange nach der Wiedervereinigung geschah, so der Philosoph: „Es markierte einen der wenigen Momente in der deutschen Nachkriegswirklichkeit, in dem sich Nationalgefühle von der festlichen Seite zeigten. Für die meisten Zeitgenossen war es eine überraschend positive Erfahrung, dass ein Grund, als viele zusammen zu sein, für diesmal im Register der guten Gefühle zu finden war, wenn’s auch nur für wenige Wochen reichte.“
Massenkultur sei jedoch, sagte Sloterdijk (76) weiter, seit jeher der Dekadenz verdächtig: „Sie besteht darin, anderen beim Scheitern zuzuschauen und zufälligen Siegern wie Halbgöttern zu applaudieren. Wenn Dekadenz weit fortgeschritten ist, lässt sich zwischen einem Ernstfall und der Simulation des Ernstfalls nicht mehr unterscheiden. Vielleicht liefert das auch die Definition des Spektakels, das wir demnächst erleben.“
Sloterdijk hegte früher Sympathien für Bayern München, wie er gestand. Doch hätten diese Gefühle von damals den Test der Zeit nicht bestanden. „Wahrscheinlich, weil der Verein zu viel dafür getan hat, um sich im Lichte der Großsprecherei zu zeigen. Nicht die Fans haben dem Verein den Rücken gekehrt – eher hat der Verein die im Stich gelassen, die es gut mit ihm meinten.“
Bild: Philosoph Peter Sloterdijk (© IMAGO/Galuschka/SID/IMAGO/Horst Galuschka )