Berlin (SID) – Geschäftsführer Oliver Ruhnert vom Fußball-Bundesligisten Union Berlin hält die Reform der Nachwuchsarbeit im deutschen Profifußball für wenig zielführend. „Ich wundere mich, dass man allen Ernstes glaubt, mit solchen Ideen den deutschen Fußball und den deutschen Nachwuchsfußball zu retten“, sagte Ruhnert im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
Der deutsche Profifußball hatte im September 2019 einen Paradigmenwechsel bei seiner Nachwuchsarbeit vollzogen. Die bisherige Sterne-Zertifizierung der Klub-Leistungszentren durch die Deutsche Fußball Liga (DFL) anhand von starren Kriterien wurde durch eine individuelle Analyse ersetzt.
Ziel der Reform durch die DFL in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) ist ein ganzheitlicher Ansatz. Die Zentren soll sich unter anderem stärker vernetzen, um sich über zentrale Themen auszutauschen.
Die neueste Strategie soll zudem vorsehen, die Junioren-Bundesligen in ihrer bisherigen Form abzuschaffen. Der Spielbetrieb soll sich künftig nur noch aus „Entwicklungsspielen“ und „Entwicklungsturnieren“ zusammensetzen. Durch diese Maßnahmen, die den Wegfall von Tabellen sowie von Auf- und Abstieg implizieren, soll der Ausbildungs-Charakter in den Vordergrund gestellt werden.
Ruhnert kritisierte unter anderem den „radikalen Schnitt zwischen Amateur- und Profisport, zwischen Leistungszentren und Amateurfußball“. Man mache „die Mannschaften der Leistungszentren mit 20, 25 und mehr Spielern voll, und vom Rest haben die wenigsten eine Möglichkeit, sich sozusagen über den zweiten Bildungsweg zu entwickeln“, sagte Ruhnert.
Die Reform „Projekt Zukunft“ nütze in erster Linie der neuen DFB-Akademie in Frankfurt. „Die Reform sorgt dafür, dass man sie auslastet. Also noch mehr Lehrgänge. Aber ich frage mich: mit wem denn? Die Verbände machen doch die Spieler nicht gut, es sind die Vereine. Und der Wettbewerb“, sagte Ruhnert: „Wenn wir diese Struktur kaputt machen, eine Trennung von der Basis durchsetzen, dann sägen wir einen Ast durch, auf dem wir alle sitzen.“
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