Wer der Achtelfinalgegner ist, wird am Montagabend feststehen.
Frankfurt am Main (SID) – Kein Sieg, kein Glanz, aber trotzdem Platz eins: Die deutsche Nationalmannschaft hat sich in einem ungewollten Härtetest als Gruppenerster ins Achtelfinale der Heim-EM gekämpft. Beim 1:1 (0:1) gegen taktisch clevere und aggressive Schweizer rettete Joker Niclas Füllkrug mit seinem Treffer in der Nachspielzeit (90.+2) der DFB-Auswahl wenigstens ein umjubeltes Unentschieden – ansonsten aber war auf dem Rutsch-Rasen in Frankfurt/Main zu oft der Wurm drin.
Deutschland spielt damit am Samstag (21.00 Uhr) in Dortmund gegen den Zweitplatzierten der Gruppe C. Wer das sein wird, steht allerdings erst am Montagabend gegen 23.00 Uhr fest, wenn England (4 Punkte) und Slowenien (2) sowie Dänemark (2) und Serbien (1) gespielt haben. Rein rechnerisch kann Deutschland auf jede dieser vier Mannschaften treffen – dabei wird allerdings Jonathan Tah wegen seiner zweiten Gelben Karte gesperrt fehlen.
Die Auswahl von Bundestrainer Julian Nagelsmann wirkte sehr fahrig, wusste allerdings kämpferisch zu überzeugen – sie biss sich nach dem Dämpfer durch Dan Ndoye (28.) allen Widerständen zum Trotz zurück ins Spiel. Mit drei Siegen aus drei Vorrundenpartien war Deutschland zuletzt bei der EM 2012 ins Achtelfinale eingezogen, ob es diesmal weiter geht, hängt auch davon ab, ob die dann umformierte Elf wieder zu mehr Stabilität findet.
Aber auf kommende Gegner wie möglicherweise Spanien im Viertelfinale wollte Nagelsmann ohnehin nicht schauen. „Wir wissen ja gar nicht, ob all die vermeintlichen Favoriten überhaupt durchkommen“, sagte er bei MagentaTV. Für den Bundestrainer war aber klar: „Wir wollen den Gruppensieg.“ Der war in der Tat schwer erkämpft gegen einen maximal unbequemen Gegner – und auf einem erwartet schlimmen Rasen.
Nagelsmann verzichtete auf Experimente. Seine Startelf im dritten Gruppenspiel war wie angekündigt dieselbe wie im ersten und im zweiten – zuletzt hatte dies bei der WM 2002 Rudi Völler durchgezogen. „Es geht um Rhythmus“, sagte der Bundestrainer. Seine erste Elf habe „in dieser Konstellation“ ja auch noch nicht „unzählige Spiele bestritten“. Umbauen muss er wegen Tahs Sperre nun dennoch.
Was Nagelsmann auch beschäftigte: der Rasen. „Du hast keinen Halt auf dem Platz“, bemängelte er noch vor dem Anpfiff in der ARD, und betonte: „Wichtig ist, dass sich keiner verletzt.“ Tatsächlich holperte der Ball über das Geläuf, was Edeltechniker wie Kai Havertz, Jamal Musiala oder Florian Wirtz vor Probleme stellte. Ebenso der Plan der Schweizer, hoch und aggressiv zu verteidigen.
Dennoch lag der Ball nach einem formidablen Weitschuss von Robert Andrich bald im Netz – der Jubel mündete in Pfiffe gegen Schiedsrichter Daniele Orsato aus Italien, der den Treffer wegen eines Fouls von Musiala an Michel Aebischer und dem Studium der Videobilder jedoch zurücknahm (17.). Nagelsmann war außer sich, was in der Folge noch häufiger vorkam – auch wegen der rustikalen Gangart der Schweizer.
Keine Einwände gab es beim Tor von Ndoye vom FC Bologna. Er nutzte die erste Chance für seine Mannschaft, die ausgestreckte Fußspitze von Antonio Rüdiger hob das Abseits auf. Der erste Rückstand für die deutsche Mannschaft im Turnier zeigte zunächst Wirkung. Das Spiel ballte sich im Mittelfeld. Auch Toni Kroos war nicht der gewohnte Ruhepol.
Das änderte sich in der zweiten Halbzeit nur bedingt. Das deutsche Spiel wirkte fahrig, hektisch, es hakte an fast allen Ecken und Enden. Das Bemühen um den Ausgleich hatte wenig Struktur, es glich phasenweise einem verzweifelten Anrennen. Hinzu kam Abschluss-Pech: Musila scheiterte mit einem wuchtigen Schuss an Yann Sommer, Ilkay Güdogan vergab den Nachschuss (50.).
Nagelsmann reagierte. Er brachte Nico Schlotterbeck (61.), um ihn für das Achtelfinale schon mal Spielpraxis an der Seite von Rüdiger zu verschaffen. Er ersetzte zeitgleich Maximilian Mittelstädt durch David Raum. Und er brachte den Hoffenheimer Mittelstürmer Maxilian Beier (65.), der kurz darauf bei einer Chance von Joshua Kimmich im Strafraum geklammert wurde (70.). Der VAR entschied: Kein Elfer.
Die Schweiz begann, auf die Uhr zu schielen, großes Interesse an Offensive bestand beim Team von Trainer Murat Yakin nicht mehr. Leroy Sane kam für Wirtz, Niclas Füllkrug für Musiala – doch die beste Chance hatte zunächst Havertz: Sein Kopfball landete auf dem Tornetz. Der von Füllkrug dann nach Flanke von Raum im Netz.
Bild: In Sorge: Julian Nagelsmann (© AFP/SID/TOBIAS SCHWARZ)