Im EM-Achtelfinale verloren die Alpenkicker ausgerechnet an der alten Wirkungsstätte ihres Teamchefs in Leipzig.
Leipzig (SID) – Ralf Rangnick scheitert mit Österreich im Achtelfinale an der Türkei. Merih Demiral trifft doppelt.
Leipzig (SID) Ralf Rangnick sank nass bis auf die Haut auf der Trainerbank zusammen, als um ihn herum die türkischen Fans im Überschwang der Gefühle ein „Auf Wiedersehen“ anstimmten und ihre Helden ausgelassen feierten: Ausgerechnet in seiner alten Heimat Leipzig ist Rangnicks Traum vom österreichischen EM-Wunder jäh geplatzt. Beim 1:2 (0:1) im sächsischen Dauerregen wurde Verteidiger Merih Demiral mit einem Doppelpack zum Mann des Spiels.
„Wir haben sehr, sehr, sehr unglücklich verloren. Das Torschussverhältnis war 21:6, wir hatten mindestens so viele Torchancen wie beim 6:1 im März“, sagte Rangnick bei MagentaTV: „Das fühlt sich sehr surreal an, sehr grotesk, dass wir nach so einer Leistung am Ende die Heimreise antreten müssen.“
Lange hatte das Rangnick-Team gar als Geheimfavorit auf den Titel gegolten, nun verpasste es jedoch den erstmaligen Einzug unter die besten Acht einer EM-Endrunde. Bei vielen Spielern flossen Tränen der Enttäuschung.
Nach einer tollen Vorrunde, in der Österreich vor Vize-Weltmeister Frankreich und den Niederlanden Gruppensieger geworden war, endete die Reise wie schon bei der EM 2021 im Achtelfinale. Urheber des österreichischen Leids war Demiral, der nicht nur nach 57 Sekunden das schnellste Tor in der K.o.-Phase einer Europameisterschaft schoss, sondern auch in der zweiten Hälfte (59.) per Kopf nachlegte. Michael Gregoritsch (66.) verkürzte für Österreich.
„Es war ein wunderbarer Sieg, ich möchte mich bei allen Fans bedanken. Wir glauben daran, dass wir den Weg bis zum Ende beschreiten können“, sagte Torhüter Mert Günok, der in der Nachspielzeit den Sieg mit einer Glanzparade sicherte. Durch den so ersehnten Erfolg erreichte die im Vorfeld als Underdog angesehene Türkei erstmals seit 16 Jahren ein EM-Viertelfinale. Dort trifft das Team von Trainer Vincenzo Montella am Samstag (21.00 Uhr) im Berliner Olympiastadion auf die Niederlande.
Für Rangnick, der von 2012 bis 2019 bei RB Leipzig als Sportdirektor und Trainer gewirkt hatte, war die Rückkehr nach Leipzig besonders emotional. Doch im brodelnden Hexenkessel von Leipzig wurde er sofort kalt erwischt. Nach einer gegnerischen Ecke bekamen Baumgartner, Stefan Posch und Torhüter Patrick Pentz den Ball nicht geklärt, im Getümmel staubte Demiral ab – und der türkische Block erbebte zum ersten Mal.
In einer wilden Startphase, in der sich die elektrische Stimmung von den Rängen auf den Rasen übertrug, hatte Baumgartner (3.) den Ausgleich auf dem Fuß. Drei Minuten später rutschte Baumgartner im Zweikampf mit Demiral knapp an einem lang getretenen Eckball vorbei – der Ball trudelte ins Aus. Und das Spiel flachte ab.
Nach der Pause kamen die Österreicher zwingender aus der Kabine und rannten mit viel Wut im Bauch an. Mitten in der österreichischen Drangphase schlug Demiral dann erneut zu, als er eine Ecke von Arda Güler ins Netz wuchtete. Nur sieben Minuten später, natürlich brauchte es eine Ecke, schenkte Gregoritsch Österreich mit seinem Treffer nach Flanke von Sabitzer neue Hoffnung. Die Rangnick-Elf warf nun alles nach vorne – doch ohne Erfolg. Baumgartner vergab in der vierten Minute der Nachspielzeit per Kopf die riesige Chance zum Ausgleich, als Günok glänzend parierte.
Bild: Seit 2022 Österreichs Teamchef: Ralf Rangnick (© www.imago-images.de/SID/IMAGO/O.Behrendt)