Gelsenkirchen (SID) – Die Gegenwart wird immer düsterer, und auch der Lichtblick für die Zukunft ist verschwunden: Schalke 04 stürzt weiter ungebremst der 2. Fußball-Bundesliga entgegen und muss auf den Wiederaufbauhelfer Ralf Rangnick verzichten. Fünf Stunden vor dem 0:3 (0:1) gegen Borussia Mönchengladbach hatte der Wunschkandidat als Sportvorstand den Königsblauen einen Korb gegeben.
Er stehe „aufgrund der zahlreichen Unwägbarkeiten innerhalb des Vereins“ nicht zur Verfügung, teilte der 62-Jährige mit. Die Schlammschlacht zwischen der Klubführung und einer Interessengruppe um Eurofighter Ingo Anderbrügge ging prompt weiter – mit gegenseitigen Schuldzuweisungen für die Absage.
Auf dem Platz diente der einstige Champions-League-Stammgast dem zweiten Krisenklub der Liga als Aufbaugegner. Nach einem kapitalen Doppelfehler von William, der sich zunächst überlaufen ließ und dann den Ball im Strafraum den Gladbachern vor die Füße schoss, leitete Kapitän Lars Stindl mit seinem elften Saisontor (15.) das Ende der Fohlen-Serie von sieben Pflichtspielniederlagen ein. Zudem traf völlig unbedrängt Stefan Lainer per Kopf (63.). Beim 0:3 in der 72. Minute schließlich bugsierte Schalke-Schlussmann Frederik Rönnow den Ball nach einer zunächst erfolgreichen Abwehr ins eigene Tor.
Platz sieben, der möglicherweise zur Teilnahme an der neuen Conference League berechtigt, ist damit nur noch zwei Punkte entfernt. Trainer Marco Rose, mit dessen Bekanntgabe des Wechsels zu Borussia Dortmund die Pleitenserie begonnen hatte, darf erst einmal aufatmen. Schalkes vierter Abstieg wird nach nur einem Sieg aus den letzten 42 Bundesligaspielen immer wahrscheinlicher. Der Rückstand auf den Relegationsplatz beträgt weiter elf Punkte, könnte am Sonntag aber noch anwachsen.
Von Rangnicks Absage hatte Schalkes Aufsichtsratschef Jens Buchta „beim Tanken“ erfahren. „Ich war total überrascht“, sagte der Rechtsanwalt in einer Presserunde kurz vor dem Anpfiff. Man habe im ersten Gespräch mit Rangnicks Berater Marc Kosicke „sehr transparent“ die wirtschaftlichen Möglichkeiten für die zweite Liga erläutert, „es wurde an keiner Stelle erwähnt, dass dieses Budget für Rangnick nicht ausreichend wäre“. In der kommenden Woche war das erste Gespräch mit Rangnick persönlich geplant.
Den Schwarzen Peter für die Absage schob Buchta der Anderbrügge-Gruppe zu, weil sie „mit Strömungen von außen begründet“ worden sei. Die Initiative, die vor einer Woche an den Vereinsgremien vorbei den Kontakt zu Rangnick aufgenommen hatte, bedauerte die Absage. Man sei „traurig und enttäuscht“, sagte der Sprecher Frank Haberzettel dem SID: „Wir halten Ralf Rangnick aber weiter für die beste Lösung in dieser schwierigen Lage.“ Mit anderen Worten: Der Wunschkandidat, der der Gruppe angeblich eine Zusage gegeben hatte, habe wegen der aktuellen Schalker Vereinsführung abgesagt. Dem widersprach Buchta vehement: Rangnick habe ausrichten lassen, dass der die Gespräche „ausschließlich mit legitimierten Vertretern des Vereins“ führen wolle.
Der Aufsichtsratschef will zwar am Montag noch einmal mit Kosicke telefonieren, „um alle Möglichkeiten auszuloten“. Gleichzeitig soll jetzt schnell ein anderer Sportvorstand gefunden werden. Markus Krösche, Sportdirektor bei RB Leipzig, hatte nach dem Wirbel um Rangnick abgesagt.
Text und Fotos: SID
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