In einem lange zähen und umkämpften Nachbarschaftsduell setzt sich der Vize-Weltmeister durch.
Düsseldorf (SID) – Frankreich hat sich trotz seiner weiterhin lahmenden Offensivabteilung ins Viertelfinale gequält und darf vom ersten EM-Titel seit 24 Jahren träumen. In einem lange zähen und umkämpften Nachbarschaftsduell mit Domenico Tedescos Belgiern setzte sich die Mannschaft um Maskenmann Kylian Mbappe erneut dank eines Eigentores mit 1:0 (0:0) durch und steht erstmals seit 2016 wieder unter den letzten Acht.
Einen Schuss des eingewechselten Ex-Frankfurters Randal Kolo Muani fälschte Belgiens Abwehrroutinier Jan Vertonghen (85.) entscheidend ins eigene Tor ab. Schon beim ersten Auftritt, ebenfalls in Düsseldorf, gegen Österreich hatte der Vize-Weltmeister von einem Eigentor profitiert.
Frankreich sorgte damit für positive sportliche Schlagzeilen inmitten der Debatte um den Rechtsruck im eigenen Land. Im Viertelfinale am Freitag in Hamburg (21.00 Uhr/ZDF und Magenta TV) wartet Portugal oder Außenseiter Slowenien.
Für den deutschen Trainer Tedesco und Belgien endete dagegen ein enttäuschendes Turnier bereits früh. Bei den vergangenen beiden Europameisterschaften hatte Belgien, WM-Dritter von 2018, noch jeweils das Viertelfinale erreicht, nun steht der einstigen „Goldenen Generation“ wohl der endgültige Umbruch bevor.
Beide Mannschaften hatten sich mit jeweils durchwachsenen Auftritten in die K.o.-Runde geschleppt, nun sollte es endlich besser werden. Frankreich hoffte dabei natürlich auf Mbappe, der an den Ort zurückkehrte, an dem er sich gegen Österreich seinen Nasenbeinbruch zugezogen hatte. Seine schützende Gesichtsmaske, die er selbst als „Horror“ bezeichnete, sollte dabei keinen negativen Einfluss haben – auch wenn der 25-Jährige bereits beim Aufwärmen pausenlos an ihr herumfuchtelte.
Trainer Didier Deschamps tauschte im Vergleich zum schwachen 1:1 gegen Polen auf zwei Positionen, im Angriff stürmten neben Mbappe Marcus Thuram und Antoine Griezmann. Sein Gegenüber Tedesco setzte derweil erstmals bei dieser EM auf den Leipziger Lois Openda in der Startelf, er agierte in einer Doppelspitze neben dem VAR-Unglücksraben Romelu Lukaku.
Zunächst überließen die Belgier dem Gegner viel Ballbesitz und lauerten auf schnelle Umschaltsituationen. Auch Mbappe sollte nicht zur Gefahr werden – und wurde deshalb oft von gleich zwei belgischen Spielern im letzten Drittel angegangen.
Und so fehlten den Franzosen die zündenden Ideen. Stattdessen näherte sich dann Belgien erstmals dem gegnerischen Tor an. Einen abgefälschten Freistoß von Kevin De Bruyne parierte Keeper Mike Maignan unorthodox mit dem Fuß (24.). Kurz darauf blockte Theo Hernandez im letzten Moment einen Versuch von Yannick Carrasco (27.).
Belgien war nun besser im Spiel – und Mbappe weiterhin fast kein Faktor. Sinnbildlich rutschte dieser in der 29. Minute in aussichtsreicher Position aus, der Frust war ihm deutlich anzumerken.
Für eine der wenigen Torchancen sorgte dann quasi aus dem Nichts Teamkollege Thuram, sein Kopfball ging aber knapp am Pfosten vorbei (34.). Unmittelbar vor der Pause löste sich dann Mbappe einmal von seinen zwei Bewachern und fand Aurelien Tchouameni, dessen Versuch aber über das Tor flog (45.+1). Mit dem Gang in die Kabine nahm Mbappe seine Maske direkt ab, schüttelte den Kopf – es musste besser werden.
Und Frankreich kam offensiv aus der Kabine. Tchouamenis abgefälschten Ball parierte Koen Casteels stark (49.), sieben Minuten später traf Kapitän Mbappe aus guter Position das Tor nicht. Die Franzosen drückten nun mehr, Belgien wehrte sich mit aller Macht. Entlastung gab es durch die gefährlichen Versuche von Lukaku (71.) und De Bruyne (83.). Dann aber schlug Frankreich glücklich zu.
Bild: Mbappe und Frankreich im Viertelfinale (© AFP/SID/ALBERTO PIZZOLI)