Amsterdam (SID) – Die Siegesserie von Hansi Flick ist gerissen, doch dieses Unentschieden taugte lange als Mutmacher auf dem weiten Weg zum fünften Stern. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat ihren ersten echten Härtest unter Flick beim 1:1 (0:1) im Klassiker gegen die Niederlande bestanden – allerdings nicht mit Bravour: Am Ende wackelte das Remis heftig.
Zum neunten Sieg im neunten Spiel unter dem neuen Bundestrainer reichte es nicht, weil die DFB-Elf nach einer starken Stunde den Faden verlor. Thomas Müller (45.+1) hatte Flick nach dem 2:0 gegen Israel auf den perfekten Start ins WM-Jahr hoffen lassen: Der Bayern-Profi Müller zog mit seinem 43. Länderspiel-Tor mit der Legende Uwe Seeler gleich.
Doch Steven Bergwijn (68.) glich aus und verwehrte Flick einen Triumph über Trainerfuchs Louis van Gaal, den er mehrfach als Vorbild gewürdigt hatte. In der Schlussphase drohte die Begegnung komplett zu kippen, nach einigen Wechseln machte sich bemerkbar, dass Flick insgesamt zehn teilweise sehr namhafte Spieler fehlten.
Die Niederlande hatten die Corona-Maßnahmen vor wenigen Tagen aufgehoben, 50.000 Fans brachten sich mit Elektro-Pop und Schlagern in Partystimmung. Das DFB-Team sollte ihnen diese nehmen, wie Flick betonte, selbst „Spaß haben und alles zeigen, was wir haben“. Und das war recht viel.
Zunächst die vom Bundestrainer eingeforderte aktive Spielweise. Die Elftal wurde tief in der eigenen Hälfte angelaufen und so „gestresst“, wie Flick zu sagen pflegt. Im Aufbau wurde aus der deutschen Vierer- eine Dreierkette, weil Linksverteidiger David Raum meist hoch schob. Abwehrchef Antonio Rüdiger, neben dem Nico Schlotterbeck eine weitere Bewährungschance bekam, übernahm in seinem 50. Länderspiel die Gestaltung.
Davor zeigte sich Jamal Musiala als Ersatz für Joshua Kimmich abermals als echte Alternative auf der Sechs: Der Youngster behauptete Bälle auf engstem Raum und demonstrierte seine starke Technik. Zwar gehörte die erste Chance Oranje, als Teun Koopmeiners per Kopf an Kapitän Manuel Neuer scheiterte (6.). Dann aber hatten Leroy Sane (12.) und Kai Havertz (19.) gute Gelegenheiten.
Von Timo Werner wollte Flick sehen, „wie er sich gegen starke Abwehrspieler beweist“. Der Chelsea-Stürmer traf nach Flanke von Raum die Unterkante der Latte (21.), stand aber im Abseits. Wenig später reklamierte er Elfmeter, als er nach kurzem Kontakt von Dortmunds Donyell Malen zu leicht fiel (29.).
Malen vergab das mögliche 1:0 (35.), doch dann schlug Müller zu. Werners feinen Pass in die Tiefe brachte Musiala scharf nach innen, wo der von Havertz bedrängte Tyrell Malacia Richtung Elfmeterpunkt direkt zu Müller klärte. Dessen harter Schuss ließ dem Freiburger Mark Flekken im Oranje-Tor keine Chance.
Fast unmittelbar nach dem Seitenwechsel hatte Raum nach einem Zuckerpass des bis dahin schwachen Sane die riesige Möglichkeit zum 0:2, doch der Hoffenheimer verzog freistehend (47.). Die Gastgeber öffneten nun zunehmend ihr Spiel, was der DFB-Elf Räume gab. Doch diese wurden zu selten genutzt. Musiala vergab per Kopf (62.).
Das rächte sich, als die Niederlande wie aus dem Nichts zuschlug: Raum verlor ein Kopfballduell mit Denzel Dumfries und Joker Bergwijn stach. Kurz darauf war Deutschland im Glück, als der Unparteiische Craig Pawson (England) einen Elfmeterpfiff nach einem Foul von Flicks Lieblingsschüler Thilo Kehrer überprüfte und zurücknahm.
Text und Fotos: SID