Mit dem Abpfiff versank Borussia Dortmund in Fassungslosigkeit und Trauer – im Finale einer Achterbahn-Saison hat der BVB den Meistertitel verspielt.
Dortmund (SID) – Mit dem Abpfiff versank Borussia Dortmund in Fassungslosigkeit und Trauer – im sagenhaften Finale einer Achterbahn-Saison hat der BVB den Meistertitel doch noch verspielt. Ein 2:2 (0:2) gegen den FSV Mainz 05 raubte der Mannschaft von Trainer Edin Terzic vor ihren tief schockierten Fans die gigantische Chance, den FC Bayern nach quälenden zehn Jahren endlich vom Thron zu reißen. Stattdessen warf die Borussia dem Rivalen, der sich zum 2:1 (1:0) beim 1. FC Köln zitterte, die Schale quasi in den Schoß.
Meisterfeier, der gigantische Meisterkorso mit Hunderttausenden Menschen – das alles fällt ins Wasser, weil der BVB im entscheidenden Spiel die Nerven verlor. Andreas Hanche-Olsen (15.) und Karim Onisiwo (24.) brachten mit frühen Toren das vor Aufregung kochende Stadion fast zur Ruhe, die Dortmunder rannten vor 81.365 Zuschauerinnen und Zuschauern mit wachsender Verzweiflung vergeblich an. Sebastien Haller (19.) verschoss überdies beim Stand von 0:1 einen Foulelfmeter: Entsetzen machte sich breit. Daran änderten auch die Tore von Raphael Guerreiro (69.) und Niklas Süle (90.+6) nichts.
Bloß nicht ausflippen, alles „so normal wie nur möglich“ halten: Das hatte Terzic vorab während der Pressekonferenz beschworen. Doch wie? Das Stadion summte schon eine Stunde vor dem Anpfiff wie ein Bienenkorb – und das lag keinesfalls nur am Besuch eines verirrten Bienenschwarms, der die Sky-Übertragung störte. Die Fans schwankten zwischen Vorfreude, großer Zuversicht und einem Schuss Angst, die Atmosphäre war ohrenbetäubend.
In der ganzen Stadt baute sich ab dem Morgen langsam die Spannung auf. Vor der Stadiongaststätte „Strobels“ hatten sogar Fans übernachtet, am Mittag gab es einen großen Marsch aus dem Kreuzviertel Richtung Stadion. Der Mannschaftsbus wurde mit großem Jubel und bengalischen Feuern begrüßt – die große, vielleicht sogar historische Gelegenheit elektrisierte: „Wir haben es in der Hand“, stand auf einem riesigen Banner vor der Südtribüne.
Entsprechend begleitete ein zehntausendstimmiges Brüllen jeden gewonnenen Zweikampf, jeden Einwurf, jede halbe Torgelegenheit. Niklas Süle hatte die erste in der siebten Minute. Die Mainzer mühten sich darum, in diesem Hexenkessel mehr als nur eine beliebige Zutat zu sein – ihr Trainer Bo Svensson breitete beruhigend die Arme aus.
Und der FC Bayern führte in Köln.
Als auch noch Hanche-Olsen per Kopf für die Mainzer traf, schien das gesamte BVB-Gebilde der vergangenen Woche ins Wanken zu geraten. Umgehend foulte Dominik Kohr im Strafraum Guerreiro – aber Haller scheiterte mit dem Elfmeter an Torhüter Finn Dahmen. Es wurde das eklige Nervenspiel, das sich der BVB so gerne erspart hätte. Das 0:2 durch Onisiwo hatte eine geradezu lähmende Wirkung.
Dann musste auch noch Karim Adeyemi verletzungsbedingt ausgewechselt werden, Kapitän Marco Reus bekam seine Chance, eine nie erfüllte Sehnsucht nach der Meisterschale zu stillen. Doch seiner Mannschaft fehlte die Überzeugung. Julian Brandt schloss nicht wuchtig genug ab (44.), Donyell Malens Kopfball (45.+4) touchierte den Außenpfosten.
Terzic brachte zur zweiten Halbzeit auch noch Youssoufa Moukoko, er erhöhte das Risiko deutlich. Auch die Fans rafften sich noch mal zu lautstarker Unterstützung auf, sie feierten, wie BVB-Torhüter Gregor Kobel nach einem Konter gegen Lee Jae Sung rettete (48.). Ein entfesselter Dortmunder Ansturm war es jedoch nicht: Dringend gesucht wurde nun derjenige, der das Stadion wieder anzündet und den Glauben weckt. Mainz konterte – Onisiwo traf den Pfosten (57.), Guerreiro noch ins Tor. Süles Tor sorgte für Hochspannung. Doch Dortmund versank in Trauer.
Bild: BVB verspielt die Meisterschaft am letzten Spieltag (© AFP/SID/INA FASSBENDER)