Köln (SID) – Diego Maradona trottete völlig bedient durch die engen Katakomben des Giuseppe-Meazza-Stadions. Versteinerte Miene, der Blick starr auf den Boden gerichtet, und dazu die schwer gezeichneten Mitspieler, die ihrem Anführer regungslos hinterher schlurften. Der Held eines ganzen Landes war auf seiner nächsten Titelmission bei der WM 1990 in Italien schon früh unsanft von den „Unzähmbaren Löwen“ gebremst worden.
Er könne nichts beschönigen, er habe keine Entschuldigung für das, was Augenblicke zuvor im gewaltigen Mailänder Fußballtempel passiert war, sagte Maradona später voller Schuldbewusstsein. Doch während das argentinische Idol noch nach Erklärungen für die sensationelle Pleite im Eröffnungsspiel suchte, brach bei den Exoten aus Kamerun ein kollektiver Freudentaumel aus.
Nein, es war nicht der erfahrene Roger Milla – der damals 24-jährige Francois Omam-Biyik köpfte Kamerun zum 1:0-Sieg gegen den Weltmeister von 1986 und eröffnete damit den historischen Sturmlauf des Außenseiters. Selbst zwei Platzverweise hielten die an der Grenze des Erlaubten kämpfenden Kameruner gegen Argentinien nicht auf. Im zweiten Spiel schlugen sie Rumänien (2:1) und sicherten sich trotz eines 0:4 gegen die Sowjetunion den Gruppensieg.
Milla, der seine Vereinskarriere eigentlich schon ein Jahr zuvor beendet hatte, trumpfte nach der ersten Partie auf. Dank seiner vier WM-Tore, unter anderem ein Doppelpack im Achtelfinale gegen Kolumbien, tanzte sich Kamerun als erste afrikanische Mannschaft bis ins Viertelfinale. Erst die Engländer stoppten die tapferen Kameruner.
Trotz des großen Ärgers an diesem 8. Juni 1990 gab Maradona nach der unerwarteten Niederlage zu: „Wenn Kamerun gewonnen hat, dann weil es die bessere Mannschaft war.“ Die Argentinier erholten sich schnell von der Schmach und erreichten das Finale. Doch im Endspiel erwischte es Maradona und Co. erneut – Deutschland sicherte sich dank Andreas Brehme den WM-Titel.