Köln (SID) – Horst Szymaniak, genannt Schimmi, eilte nicht der Ruf voraus, sich neben dem Platz besonders clever zu verhalten. So soll der Fußballer aus dem Ruhrgebiet in Berlin eisenhart, aber etwas ungeschickt um einen Vertrag verhandelt haben: „Ein Drittel? Nee, ich will mindestens ein Viertel!“ Ob sich diese Anekdote tatsächlich zugetragen hat, bleibt im Dunkel der Geschichte verborgen, anders als die herausragenden fußballerischen Fähigkeiten des früheren Bergmanns, der am 9. Oktober 2009 in Melle starb.
Szymaniak war ein linker Läufer, wie es ihn in Europa in den 50er Jahren kaum gab. Ausgebildet bei seinem Heimatverein SpVgg Erkenschwick entwickelte er sich beim Wuppertaler SV zum Nationalspieler, über den Sepp Herberger sagte: Er sei ein erstklassiger Mann und ein Instinktfußballer. Beidfüßig war er obendrein. 1958 und 1962 stand Szymaniak bei den Weltmeisterschaften im deutschen Kader – 1958 in Schweden wurde er als einziger Deutscher in die Elf des Turniers gewählt.
Ganz so einfältig wie beschrieben konnte Szymaniak nicht gewesen sein, für seinen Wechsel zum Karlsruher SC erhielt er 1959 die damalige Wahnsinnsumme von 30.000 DM als Handgeld. Auch der Schritt nach Italien – damals mindestens ungewöhnlich für einen deutschen Nationalspieler – spülte viel Geld in Szymaniaks Kassen. Bei CC Catania auf Sizilien war er der „Unwiderstehliche“ (Gazzetta dello Sport), bei Inter Mailand nur Edelreservist.
Beim DFB fiel Szymaniak nach 43 Länderspielen in Ungnade. Bundestrainer Helmut Schön verbannte ihn nach einer Kneipentour in Augsburg mit dem ortskundigen Helmut Haller aus der Nationalmannschaft. Szymaniak geriet anders als viele andere Helden dieser Zeit in Vergessenheit, auch mit seinen Vereinen hatte er kaum noch Glück. Nach dem Ende seines Abenteuers in Italien landete er 1965 in der Bundesliga bei Tasmania Berlin, dann beim FC Biel in der Schweiz und zuletzt bei den Chicago Spurs in den USA.
Seinen Lebensabend verbrachte Szymaniak in Melle in der Nähe von Osnabrück. Fünf Jahre bevor er in einem Pflegeheim im Alter von 75 Jahren starb, besuchte ihn Der Spiegel zum Interview. Das Geld war längst knapp geworden, weder ein Drittel noch ein Viertel vom üppigen Handgeld der Vergangenheit war übrig geblieben. Was denn schiefgelaufen sei, fragte der Reporter. „Gar nichts. Ich bin sehr zufrieden“, antwortete Schimmi.
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