München (SID) – Oliver Kahn sitzt verloren auf dem Rasen des International Stadiums in Yokohama und lehnt mit leerem Blick am linken Torpfosten – der unerschütterliche Torwart-„Titan“ ist zu Boden gegangen. Bis ins Finale der Weltmeisterschaft 2002 in Japan und Südkorea hatte er die Nationalmannschaft geführt, doch sein einziger Fehler wurde Kahn zum traumatischen Verhängnis.
Dass die DFB-Elf um Teamchef Rudi Völler überhaupt im Endspiel um die WM-Krone stand, hatte sie fast ausschließlich Kahns Leistungen zu verdanken. Der polarisierende Schlussmann hatte nie einen Hehl aus seinem Können gemacht, doch mit seinen Reflexen, Paraden und tollkühnen Flugeinlagen hatte er sich in die Herzen der deutschen Fans gespielt. Gemeinsam mit Michael Ballack war Kahn in einer durchschnittlich besetzten Mannschaft der einzige echte Weltklasse-Spieler. Allein der Finaleinzug galt als mittelschwere Sensation.
Dort wartete auf Kahn das Starensemble aus Brasilien, gespickt mit klangvollen Namen wie Rivaldo, Ronaldo und Ronaldinho, die sich auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft befanden. In einer erstaunlich ausgeglichenen ersten Halbzeit bewahrte Kahn – bereits vor der Partie zum Spieler des Turniers gewählt – sein Team mehrmals vor dem Rückstand.
Doch in der 67. Minute sollte sich die Geschichte dramatisch wenden: Der bis dato als unbezwingbar erscheinende Keeper ließ einen harmlosen Distanzschuss von Rivaldo aus den Händen gleiten, Ronaldo roch den Braten und schob vor dem vergebens hinterher stürzenden Kahn zum 1:0 ein. Wenig später machte das „Phänomen“ mit seinem achten Turniertreffer alles klar für Brasilien.
Für Kahn bleibt nicht nur der fehlende Weltmeister-Titel, sondern auch eine gewisse Apathie gegenüber der Selecao. 2014, im Jahr des WM-Triumphs von Rio de Janeiro, begleitete ihn die Rheinische Post am berühmten Strand der Copacabana, als ihn ein paar Beachfußballer zu einem kleinen Spiel einluden. Kahn lehnte jedoch trocken ab: „Ich stelle mich nicht mehr ins Tor – schon gar nicht gegen Brasilianer.“
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