Berlin (SID) – So hatte sich Roland Wohlfarth seine Rückkehr in die Fußball-Bundesliga nicht vorgestellt. Der zweimalige Torschützenkönig des Oberhauses wurde Anfang 1995 wenige Tage nach seinem Wechsel von AS St. Etienne zum VfL Bochum bei einem Hallenturnier positiv auf das Stimulanzmittel Norephedrin getestet. Am 24. Januar machte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den ersten Doping-Fall der Bundesliga-Geschichte öffentlich.
Wohlfarth und der VfL, der nach Rücksprache mit dem Torjäger auf die Öffnung der B-Probe verzichtete, fielen bei der Mitteilung aus der DFB-Zentrale über den Kontrollbefund aus allen Wolken. „Das schlug ein wie eine Bombe“, berichtete Bochums damaliger Trainer Klaus Toppmöller.
Wegen seines latenten Hangs zu Übergewicht hatte Wohlfarth sich nach seiner Verpflichtung durch die Westfalen in einer Apotheke einen Appetitzügler besorgt. Sein Fehler dabei: Der zweimalige Nationalspieler erkundigte sich nicht über die Zusammensetzung des Mittels. „Eine Dummheit“, wie Toppmöller meinte.
„Ich dachte immer, was man kaufen darf, kann nicht verboten sein“, rechtfertigte sich Wohlfarth noch Jahre später mit Naivität. Wettbewerbswidrig einen Vorteil hätte er sich keinesfalls verschaffen wollen, beteuerte der fünfmalige Meisterstürmer von Bayern München: „Ich wollte nur gegen das ständige Übergewicht angehen. Schneller gelaufen bin ich deswegen nicht.“
Doch Unwissenheit schützte auch Wohlfarth vor Strafe nicht: Weil Norephedrin auf der DFB-Liste der verbotenen Wirkstoffe steht, sperrte der Verband den gebürtigen Bocholter wenige Wochen später (16. Februar) für zwei Monate und verhängte eine Geldstrafe von 60.000 Mark.
Der „Fall Wohlfarth“ befeuerte eine gerade erst wieder etwas abebbende Diskussion über Doping im deutschen Profi-Fußball. Nur wenige Monate zuvor hatte der ehemalige Hammerwerfer Edwin Klein in einem Buch dem DFB schwere Versäumnisse und Fehler bei der Bekämpfung der Leistungsmanipulation vorgeworfen, kurz darauf war Argentiniens Idol Diego Maradona bei der WM in den USA schon zum zweiten Mal des Dopings überführt und weltweit gesperrt worden.
Als eine Reaktion auf die allgemeine Entwicklung verschärfte der DFB, der in der Doping-Frage schon in den 80er Jahren von seinem früheren Nationaltorwart Toni Schumacher aufgeschreckt worden war, seine Anti-Doping-Maßnahmen und führte zum 1. Januar 1995 stichprobenartige Kontrollen im Training der Profi-Klubs sowie auch bei den damals populären Hallenturnieren ein. Nur vier Tage darauf baten Kontrolleure im Auftrag des DFB Wohlfarth in Leipzig zur Dopingprobe.
„Ich habe auf die Rübe gekriegt“, meint der Ex-Angreifer mit Blick auf das deutlich überstiegene Mindeststrafmaß von damals vier Wochen, „der DFB hat knallhart zugeschlagen und an mir ein Exempel statuiert.“
Fotos: SID
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