Als Glück im Unglück könnte sich das Verpassen der Weltmeisterschaft für einige der prominentesten Ausfälle erweisen. Obwohl der Verlust von Nominierungen oder überhaupt Qualifikationen für Qatar schmerzlich sein mag, erlaubt es den Fußballern, sich gründlich auszukurieren oder von einer anstrengenden Saison zu erholen, ehe es nach der Winterpause in die neuen Begegnungen der jeweiligen Spitzenligen und auch in der Champions League geht.
Die K.o.-Phase beginnt dort zwar erst Mitte Februar, aber das erhöhte Verletzungsrisiko der WM-Kicker und die Erschöpfung durch eine Weltmeisterschaft, die sich nahtlos an die Ligaspiele angereiht hat, könnte für so manche Überraschung bei den Begegnungen sorgen.
Vor allem Rekordmeister Bayern München, dessen Dominanz im Nationalkader mit zu der positiven Einschätzung der in den vergangenen Jahren schwächelnden Deutschen bei den WM Wetten geführt hat, hat Grund zur Sorge. Der Verein, der die Gruppenphase in der Champions League überlegen mit 6 Siegen in 6 Spielen gewonnen hat, gilt unter normalen Bedingungen als vielversprechender Anwärter auf den Titel im Jahr 1955 als Europapokal der Landesmeister gestarteten Wettbewerb. Zuletzt hatten die Bayern die Trophäe 2019/2020 an die Isar geholt.
RB Leipzigs Star und Nationalelf-Stammspieler Timo Werner ist einer der Fußballer, der verletzungsbedingt zu Hause geblieben ist, statt mit Hansi Flick und dem Rest des deutschen Kaders auf die arabische Halbinsel zu reisen. Er hatte sich ausgerechnet beim letzten Spiel der Champions League in diesem Jahr eine Verletzung am Sprunggelenk zugezogen. Wann der Angreifer wieder in gewohnter Topform auflaufen kann, ist ungewiss.
Ebenfalls in der Champion League kam das Aus für einen WM-Auftritt für Englands Außenverteidiger Ben Chilwell. Der Chelsea-Spieler, der mit seinem Club ebenfalls den Gruppensieg in der Champions League holte, kuriert seitdem eine Verletzung der Oberschenkelmuskulatur aus. Sein Teamkollege, der französische Starkicker N’Golo Kanté, wurde nach diversen Verletzungen im Oktober am Oberschenkel operiert, was automatisch das WM-Aus bedeutete. Ob er im Februar in der Champions League einsatzbereit sein wird, muss sich zeigen.
Zu den Pechvögeln gehört auch Marco Reus. Der Dortmunder, der sich mit dem BVB als Gruppenzweiter für die K.o.-Phase in der Champions League qualifiziert hat, fällt nicht zum erstmal verletzungsbedingt bei einem Großturnier aus. Doch der Verlust der WM wegen eines lädierten Sprunggelenks ist für den 33 Jahre alten Offensivspieler besonders bitter, weil dies aller Voraussicht nach aufgrund seines Alters seine letzte Chance auf eine Weltmeisterschaftsteilnahme war. Außer ihm ist auch Dortmunds Abwehrchef Mats Hummel daheim geblieben. Der 33 Jahre alte Kicker ist zwar körperlich unversehrt und hatte im Vorfeld in der Bundesliga seine übliche hervorragende Form gezeigt, doch Bundestrainer Flick hatte sich stattdessen für die Aufnahme von neuen Talenten in den Kader entschieden.
Der französische Starclub Paris St. Germain, der genau wie Bayern München einen beachtlichen Teil seiner Stars bei der WM kicken sieht, hofft, dass sich der verletzte Abwehrspieler Fresnel Kimpembe nach dem Verpassen der WM zumindest rechtzeitig für die Champions League auskuriert hat. Ohne aktuelle Verletzung als Grund profitiert der Club von der Entscheidung des spanischen Coachs gegen die Nominierung des Routiniers Sergio Ramos. In der Champions League hatte sich Paris punktgleich mit Benfica Lissabon für das Weiterkommen qualifiziert.
Die gleiche Entscheidung fiel im spanischen Kader für Liverpools bewährten Spielmacher Thiago Alcantra, der ebenfalls zu Hause geblieben ist, um jüngeren Spielern Platz zu machen.
Durch Verletzungen bedingte Schwächen haben für Inter Mailands Robin Gosen das WM-Aus bedeutet. Der deutsche Kicker, der bei der vergangenen Europameisterschaft als Senkrechtstarter auf sich aufmerksam gemacht hatte, konnte sich nicht schnell genug erholen, um Trainer Flick zu überzeugen.
Zu den voraussichtlichen Gewinnern in der Champions League dank der nicht erfolgten WM-Qualifikation gehört unter anderem Inter Mailand. Der Club, der in erster Linie auf Talente aus eigenen Landen setzt, hofft auf einen Sieg in der Champions League, der die Fans die verspielte WM-Teilnahme der Azzurri vergessen lässt. Die deutschen Hoffnungsträger in der Champions League können hingehen nur hoffen, dass die Teilnahme ihrer Spieler an der WM nicht auf Kosten des europäischen Turniers geht. Bayern München stellt mit 7 Spielern, darunter Torwart Manuel Neuer, den größten Teil des deutschen Kaders, während Borussia Dortmund mit 5 Nationalspielern vertreten ist. RB Leipzig und Eintracht Frankfurt haben je 2 Spieler in Flicks Team.
Ob sich die deutschen Clubs Chancen auf den Titel ausrechnen können, der derzeit zum 14. Mal in der Geschichte des Pokals von Real Madrid gehalten wird, hängt daher zu einem beträchtlichen Teil davon ab, was in den Arenen von Qatar passiert. Selbst wenn die Kicker mit heilen Gliedern wieder abreisen, haben sie alle eine enorme Anstrengung hinter sich, die genau wie ausgefallenes gemeinsames Training die Leistungen der Clubs beeinflussen kann. So frustrierend diese Unwägbarkeiten auch sein mögen, sie halten die Spiele spannend, egal auf wessen Seite das Glück im Unglück ist.