London (SID) – Bye-bye Jogi, aus der Traum: Joachim Löw ist auf seiner letzten Mission vorzeitig gescheitert. Die über 15 Jahre währende, lange Zeit erfolgreiche Ära des Bundestrainers ging im Achtelfinal-Klassiker gegen England jäh zu Ende. Deutschland unterlag im Fußball-Tempel Wembley, in dem es seit 1975 unbesiegt war, durch Tore von Raheem Sterling (75.) und Harry Kane (86.) mit 0:2 (0:0).
Es war im 198. Spiel unter Löw die 34. Niederlage – und eine der bittersten: Drei Jahre nach der Blamage bei der WM in Russland kam eine von ihm betreute DFB-Auswahl bei einer EM-Endrunde zum ersten Mal nicht mindestens ins Halbfinale. Thomas Müller vergab in der 81. Minute nach einem Spurt über das halbe Feld allein vor Torhüter Jordan Pickford die Riesenchance zum Ausgleich, es fehlten nur Zentimeter. Kanes erstes Turniertor machte danach alle Hoffnung zunichte.
Am 5477. und nunmehr auch letzten Tag von Löws Amtszeit scheute die deutsche Mannschaft nach einer flotten und vielversprechenden Anfangsphase zunehmend das Risiko – ebenso wie die Engländer. Richtig dominant war keine der beiden Mannschaften, zu sehr waren sie darauf bedacht, ja kein Gegentor zu kassieren. Prinz William, seine Gattin Kate und sein Sohn George sahen ein Spiel ohne große Höhepunkte, ehe Sterling den Weltmeister von 1966 Richtung Viertelfinale schoss. England trifft am Samstag in (21.00 Uhr) auf die Schweden oder die Ukraine.
Löw hatte sich nochmal einiges vorgenommen. Schon mit seiner Aufstellung machte er klar: Wir wollen gegen die jungen Engländer die Initiative ergreifen. Und so nahm er auch gleich drei statt der erwarteten zwei Änderungen in seiner Anfangsformation vor. Müller und Leon Goretzka kamen für Leroy Sane und Ilkay Gündogan, dazu, Überraschung, Timo Werner für Serge Gnabry, von dem Löw mal gesagt hatte, er spiele bei ihm immer.
„Wir brauchen Tiefe“, sagte ein ziemlich entspannt und doch angriffslustig wirkender Löw vor dem Anpfiff in der ARD. „Geradlinig, schnörkellos“ solle gespielt werden, ergänzte er, und Werner könne „mit seiner Schnelligkeit der Abwehr weh tun“. Ein hehrer Vorsatz, denn: Gareth Southgate zeigte großen Respekt, er hatte gleich sieben (!) eher defensive Spieler aufgeboten – deren drei in der Abwehr, deren vier davor.
Allerdings: Es ließ sich gut an. Deutschland übernahm sofort das Kommando, presste, gewann viele Bälle – dazu spielte Müller gleich mal zwei hervorragende vertikale Steilpässe durch die englische Abwehr. Beim ersten Mal musste Pickford vor Werner retten, beim zweiten Mal wurde Goretzka Zentimeter vor der Grenze des Strafraums per Foul gestoppt – der Freistoß von Kroos prallte von der Mauer ab (9.).
Die Engländer überstanden diese erste Drangphase und beschlossen fortan, selbst am Spiel teilzunehmen. Ein erster Warnschuss kam von Raheem Sterling (16.), der Manuel Neuer mit einem Schuss aus 25 Metern zu einer Glanzparade zwang. Danach hatten die Three Lions in der Tat mehr vom Spiel, sie wirkten entschlossener, zudem stellten sie geschickt Toni Kroos, Goretzka und Müller im Mittelfeld zu.
Der Plan mit langen Bällen auf Werner ging in dieser Phase erkennbar nicht auf, erst nach einer halben Stunde ergaben sich wieder Chancen: Robin Gosens flog nur knapp an einer Flanke von Joshua Kimmich vorbei (31.), Werner scheiterte nach einem Pass von Kai Havertz an Pickford (32.). Kurz vor der Pause jedoch rettete Mats Hummels nach einem Fehlpass von Müller mit einer Grätsche in letzter Sekunde gegen den einschussbereiten Kane (45.+2).
Die zweite Halbzeit begann wie die erste – mit einer Chance für Deutschland: Pickford parierte den Schuss von Havertz brillant (48.). Was dann folgte, war ein Spiel der Nerven: nicht hochklassig, aber immerhin spannend. Ins Risiko wollte keiner gehen, das deutsche Aufbauspiel war ohnehin viel zu statisch.
Und so plätscherte das Spiel dahin, bis Luke Shaw von rechts scharf in den Strafraum passte: Sterling musste nur noch den Fuß hinhalten. Das englische 2:0 entstand nach gleichem Muster mit Jack Grealish als Vorlagengeber.
Text und Fotos: SID
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