Köln (SID) – Brasiliens Fußballfans haben am Sonntag für wenige Stunden ihre Rivalität vergessen und sich im Protest für die Aufrechterhaltung der Demokratie im südamerikanischen Land vereint. In Sao Paulo, Rio de Janeiro und Belo Horizonte gingen Hunderte von Anhängern gegen den autoritären Staatspräsidenten Jair Bolsonaro auf die Straße, der seit Wochen mit Angriffen gegen Justiz und Parlament ein Reizklima schafft.
In Sao Paulo löste die Polizei die Versammlung auf der zentralen Avenida Paulista mit Tränengas auf, weil eine Konfrontation mit einer kleineren Gruppe von Bolsonaro-Anhängern drohte. Die meisten Demonstranten trugen das Trikot vom SC Corinthians. Schon Anfang der 1980er-Jahre hatte sich der Klub während der Militärdiktatur mit der von Mittelfeldstar Socrates angeführten Bewegung „Democracia Corinthiana“ politisch engagiert.
Bei allen Kundgebungen waren große Spruchbänder mit den Aufschriften „Demokratie“ und „Nie mehr Diktatur“ zu sehen. Wegen der Coronavirus-Pandemie trugen die meisten Schutzmasken. In Belo Horizonte hatten die Fangruppen der drei großen Klubs der Stadt vorab ausgemacht, nur wenige Repräsentanten zu schicken, um eine größere Menschenansammlung wegen der akuten Ansteckungsgefahr zu vermeiden.
Bereits am 9. Mai hatte in Sao Paulo ein kleinerer Aufmarsch der Fangruppen stattgefunden. Dagegen versammeln sich Bolsonaro-Anhänger seit Wochen jeden Sonntag in der Metropole sowie in der Hauptstadt Brasilia. Dort hatte in der Nacht zum Sonntag eine Gruppe mit Masken vermummt und Fackeln in der Hand gegen einen Bundesrichter protestiert, der eine Untersuchung gegen eine vom Bolsonaro-Clan gesteuerte Fake-News-Kampagne leitet.