Das Bild mit dem reisefertigen Aluminiumkoffer gefiel Thomas Tuchel überhaupt nicht, dabei hatte er es selbst geschaffen. „Den habe ich extra mitgebracht von zu Hause“, sagte der scheidende Trainer von Bayern München nach dem 2:1 (0:0) im Bundesliga-Spitzenspiel gegen RB Leipzig über die ungewöhnliche Sitzgelegenheit in seiner Coachingzone, und ergänzte genervt: „Ist alles schon gepackt.“
Sollten die Bosse darauf gehofft haben, dass die vorzeitig verkündete Trennung von Tuchel zum Saisonende eine befreiende Wirkung auf den strauchelnden Rekordmeister haben würde, so sahen sie sich am Samstagabend getäuscht. Der glückliche Sieg dank Doppelpacker Harry Kane (56./90.+1) war zwar nicht unverdient, aber von einer Erlösung war nichts zu spüren.
Kapitän Manuel Neuer nahm die Schuld für den nächsten Rauswurf eines prominenten Coaches nach Hansi Flick und Julian Nagelsmann stellvertretend für die Mannschaft reuig auf sich. Präsident Herbert Hainer betonte: „Wir müssen uns alle hinterfragen: Die Mannschaft, der Trainer, wir in der Führung – und das tun wir.“ Er versprach, die Bayern würden aus dem Schlamassel „die richtigen Schlüsse ziehen und das Richtige tun“.
Hainer wie Vorstandschef Jan-Christian Dreesen wehrten sich dabei gegen den Eindruck, dass diese Ansammlung von Topstars untrainierbar sei. „Ach, das würde ich so nicht sagen“, entgegnete der Präsident auf eine entsprechende Frage. Dreesen meinte: „Ich glaube nicht, dass es angemessen ist, jetzt dauernd über die Mannschaft zu reden. Wir haben eine hervorragende Qualität!“
Also lag es doch hauptsächlich an Tuchel? „Ich würde nicht davon reden, dass nur einer schuld ist“, sagte Dreesen. Wie Hainer hielt er Tuchel zugute, dass dieser sich trotz bevorstehender Trennung mit vollem Eifer auf die Zielgerade stürzte – und nach drei Pleiten in Serie den Rückstand auf Tabellenführer Leverkusen immerhin bei acht Punkten hielt.
Geht da noch was? „Aufgeben tun wir nie“, sagte Hainer mit Verweis auf das Last-Minute-Drama im Meisterschafts-„Finale“ der vergangenen Saison. Und danach? Soll es „wieder mehr Kontinuität auf dem Trainerstuhl“ geben, wie Dreesen hoffend betonte, „das ist das, was wir anstreben“.
Helfen wird dabei Max Eberl, der am Montag vom Aufsichtsrat als neuer Sportvorstand bestellt werden soll. „Ich habe schon einmal gesagt, dass uns mehr Kompetenz und mehr Qualität im Management nur gut tun kann“, sagte Dreesen.
SID