Rund fünf Monate vor der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar scheint DFB-Direktor Oliver Bierhoff seine Meinung über den WM-Gastgeber geändert zu haben. Nachdem in der Nacht auf vergangenen Donnerstag RTL-Recherchen zur Lage Homosexueller im Emirat veröffentlicht wurden, stellte der 54-Jährige erstmals die Vergabe des Turniers nach Katar infrage.
Aus diesem Grund hat FanQ die Fußballfans in Deutschland befragt, ob die Katar-Kritik Bierhoffs zu spät komme.
RTL-Dokumentation zur Lage Homosexueller in Katar: Bierhoff revediert seine Ansichten zum WM-Gastgeberland
Noch vor wenigen Monaten bezeichnete DFB-Direktor Oliver Bierhoff das Emirat als wichtigen Partner Deutschlands in der arabischen Welt und Treiber von Entwicklungen. Nach der Ausstrahlung einer RTL-Dokumentation zur Lage Homosexueller im WM-Gastgeberland, revidierte der 54-Jährige seine Ansichten. So sei ihm anfangs der Gedanke, den Fußball nicht nur in Europa und Südamerika, sondern weltweit stattfinden zu lassen, noch richtig erschienen. Allerdings habe sich die Welt auch verändert. „Die Anforderungen, die Ansprüche sind andere, auch der Fans, der Menschen. Insofern muss man das schon berücksichtigen“, ergänzte er im Interview mit dem „Spiegel“ und stellte deshalb die Frage: „Ja, wie konnte die FIFA die WM in dieses Land geben?“
In der RTL-Reportage „Rote Karte statt Regenbogen – Homosexuelle in Kartar“ war es zwei Reportern gelungen, homosexuelle Kataris vor der Kamera zur Situation zu befragen. „Wir haben existenzielle Angst vor Bestrafung und Tod, denn was wir in unserer Jugend gelernt haben, ist, dass schwul sein eine Verirrung ist, nichts Natürliches“, wird einer der Interviewpartner zitiert. Homosexuelle Handlungen stehen in Katar unter Strafe. Der Emir des Landes hat zuletzt zwar beteuert, dass beim am Jahresende stattfindenden Turnier alle Menschen herzlich willkommen seien, alle Gäste allerdings die Landeskultur zu respektieren hätten.
Der DFB-Direktor kritisierte als Reaktion auf die RTL-Recherchen, dass „im ersten Punkt nur vielleicht auf Stadien oder andere Punkte geachtet wurde, oder natürlich Kommerz, und nicht auf diese Aspekte wie Menschenrechte oder andere gesellschaftliche Themen“. Dabei nahm er auch den DFB in die Pflicht, zukünftig mehr auf die Vergabekriterien zu achten sowie eine Veränderung dieser Kriterien zu bewirken und damit deutlich zu machen, „dass die nächste Vergabe auch nur an Länder erfolgt, in der solche Dinge nicht passieren.“
Im Zusammenhang mit dem Sinneswandel Bierhoffs hat FanQ die deutschen Fußballfans befragt, ob die Katar-Kritik des DFB-Direktors zu spät komme. In der Tat hätten neun von zehn an der Umfrage teilnehmenden Personen (90,91 %) sich eine frühere Reaktion von Verbandsseite gewünscht. Lediglich 2,27 % vertreten die Meinung, dass die Aussagen des 54-Jährigen zum richtigen Zeitpunkt getroffen wurden.
Bierhoff selbst rät einer persönlichen Bekanntschaft aus der LGBTQ+-Gemeinschaft von einer Reise ins Emirat ab. „Ich meine, das Schlimme ist natürlich die gesellschaftliche Ächtung, die man ja heraushört. Das andere ist, wenn du in deinem Leben Angst hast und dann auch noch von einer staatlichen Institution gegängelt wirst – das ist natürlich schon dramatisch“, fasst er die Lage zusammen.
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