Köln (SID) – Fatale Abwehrfehler und zauberhafte Tore – nach einer Achterbahnfahrt mit mehreren Loopings steigt bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Druck auf Bundestrainer Joachim Löw. Mit der von Kritiker Bastian Schweinsteiger geforderten Viererkette und verändertem Offensivpersonal erreichte die DFB-Elf in der Nations League gegen die Schweiz nur ein 3:3 (1:2).
Löw wollte durch die Abkehr von der Dreierkette mehr offensive Dynamik erzeugen. Allerdings war die Abwehr klar die Schwachstelle: Sie patzte beim Geisterspiel in Köln bei allen drei Gegentoren.
Vor dem 0:1 durch Mario Gavranovic (5.) missglückte die Abseitsfalle. Beim 0:2 durch Remo Freuler (26.) war die Verteidigung nach einem schlimmen Ballverlust des Jubilars Toni Kroos in dessen 100. Länderspiel entblößt. Timo Werner (28.) und Kai Havertz (55.) brachten die deutsche Mannschaft zurück, aber postwendend führte ein erneuter Abwehrfehler zum 2:3 durch Gavranovic (57.). Serge Gnabry traf mit der Hacke zum Endstand (60.).
Für Löw war das Spiel die neuerliche Gelegenheit, seinen Kritikern nicht nur verbal zu begegnen. Schweinsteiger, Lothar Matthäus, Berti Vogts – drei Weltmeistergenerationen hatten an Taktik, Personal und Auftreten herumgemäkelt.
Löw zuckte zunächst mit den Achseln: „Wir haben einen Plan, und den ziehen wir durch.“ Allerdings wechselte er, was doch sehr für ein offenes Ohr sprach, seine Abwehrformation. Robin Gosens hinten links, der 100-Millionen-Euro-Mann Havertz in einer variablen Dreier-Offensivreihe und dessen Chelsea-Kollege Werner in der Spitze kamen neu ins Team. „Wir wollen hinten schnell rausspielen und viel mehr Geschwindigkeit auslösen“, sagte Löw der ARD. Julian Draxler, Niklas Süle und Marcel Halstenberg blieben außen vor.
Kroos trug ein Sondertrikot mit der goldenen „100“, er war einem Tor nahe (45.), Werner hätte mehr aus seinem Steilpass machen können (26.). Im Fokus stand aber schnell der Torhüter: Manuel Neuer musste in höchster Not gegen Xherdan Shaqiri retten (4.), nach dem folgenden Eckball stand Gavranovic alleine da. Sein Kopfball-Lupfer fiel hinter Neuer ins Tor.
Dann schoss der Bayern-Torwart Haris Seferovic an, was beinahe zum 0:2 geführt hätte (15.): Mit der Konzentration war es ganz offensichtlich nicht weit her. Offensiv rochierten Havertz, Gnabry und Goretzka, das Mittelfeld wurde schnell überbrückt, doch die Räume am Strafraum waren mit wenigen Ausnahmen (Gosens, 35.) extrem eng. Die vielen, vielen Flanken und Chip-Bälle, zumeist von rechts, brachten wenig Ertrag.
Ganz anders die Schweiz, die nach einem Konter erneut gnadenlos zuschlug. Kroos hatte sich im Mittelfeld einen Fehlpass geleistet. Werner brachte die DFB-Elf immerhin nach Balleroberung von Havertz blitzschnell zurück, dennoch war Löw an der Außenlinie absolut unzufrieden.
Seine Mannschaft kam druckvoll und konsequenter aus der Pause. Werner und Havertz, der vor seinem Tor den Pfosten traf (49.), strahlten mehr Gefahr aus. Die Schweizer, ein „Team Bundesliga 2“, sahen sich in ihre Hälfte gedrängt und befreiten sich nur noch sporadisch – dann aber brandgefährlich, wie beim 2:3, bei dem Joshua Kimmich in seinem 50. Länderspiel den Ball nicht aus dem Strafraum geschlagen bekam. Gavranovic traf mit einem wuchtigen Schuss, Neuer war ohne Reaktionsmöglichkeit.
Das Spiel war nun eine einzige Berg- und Talfahrt. Nach dem 3:3 drückte die deutsche Mannschaft energisch auf die Führung, der eingewechselte Draxler (81.) verzog knapp. Fabian Schär sah in der Nachspielzeit noch Gelb-Rot.
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