Worauf kommt es an? Wo liegen Stärken und Schwächen? Schweinsteiger und Co. analysieren das EM-Viertelfinale.
Stuttgart (SID) – Die Experten sind sich einig: Das EM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Spanien ist ein vorweggenommenes Endspiel. Aber worauf wird es ankommen am Freitag (18.00 Uhr/ARD und MagentaTV)? Und wer kommt weiter? Ein Überblick:
Rene Adler (ZDF): „Mit dieser Leichtigkeit, die uns allen Freude macht, sind Lamine Yamal und Nico Williams etwas Besonderes. Die Spanier können inzwischen weit mehr als Tiki-Taka – das können sie auch noch, aber sie können den Ball jetzt auch mal in die Tiefe spielen. Die raketenschnellen Außen geben ihnen eine andere Variabilität, die können auch mal eine Kette überspielen, so was haben sie früher nicht gemacht.“
Michael Ballack (MagentaTV): „Das ist ein absoluter Klassiker, zwei der Favoriten treffen jetzt schon aufeinander, beide sind mit Topstars gespickt. Wir haben zuletzt nicht so die guten Erinnerungen an Spanien, das ist ein unheimlich unbequemer Gegner. Trotzdem ist es ein ausgeglichenes Spiel für mich, weil wir gut in Form sind. Es wird ein Spiel auf Messers Schneide, der Kopf spielt da eine Rolle.“
Thomas Broich (ARD): „Der Schlüssel wird sein, dass wir extrem druckresistent in Ballbesitz sind. Wir werden gepresst werden, das Gegenpressing der Spanier ist Hardcore, wir müssen da extrem sauber sein am Ball, extrem rotieren in den Positionen, um immer wieder Lösungen zu finden und dann selber in Ballbesitz agieren zu können. Da wiederum ist wichtig, dass es unsere Außenverteidiger nicht übertreiben. Sie stehen hoch, müssen aber die Balance finden und genau den Moment erkennen, wann das zu riskant ist und sie absichern müssen.“
Stefan Effenberg (t-online): „Man muss es offen sagen: Die individuelle Qualität ist bei den Spaniern ganz klar höher. Yamal ist ein Jahrhunderttalent, ein wirkliches Wunderkind. Und auch Williams hebt Spanien auf ein anderes Level. Dazu ein Mittelfeld mit Rodri, Pedri, Fabian – solch eine Qualität hat keine andere Mannschaft. Unverwundbar ist Spanien nicht. Du musst hier und da selbst die Spielkontrolle übernehmen. Wenn du nur hinterherläufst, wird das schwierig bis unmöglich.“
Torsten Frings (kicker): „Für mich ist Spanien kein Angstgegner in psychologischer Hinsicht, sondern ich sehe allein sportliche Gründe: Sie haben in den zurückliegenden Dekaden immer sehr gute Mannschaften gehabt, und das ist auch jetzt so. Dennoch sehe ich keinen Favoriten. Entscheidend wird sein, dass es gelingt, die wahnsinnig gute spanische Offensive in Schach zu halten, ohne dabei die eigenen Qualitäten zu vernachlässigen: Auch wir haben die Klasse, mutig nach vorn zu spielen. Wir dürfen uns nicht verstecken.“
Christoph Kramer (ZDF): „Das ist ein absolutes Highlight-Spiel der beiden besten Mannschaften im Turnier. Mir macht Hoffnung, dass Spanien das erste Mal auf einen Gegner trifft, der auch den Ball haben will und den Ball braucht. Das hatten sie bislang noch nicht. Und wenn sie das nicht haben, ist Spanien sehr verwundbar. Ich hoffe und glaube auch, dass wir das sehen werden.“
Lothar Matthäus (Sport Bild): „Eigentlich ist es schade, dass es ein Viertelfinale ist. Ich hätte beide Mannschaften am liebsten am 14. Juli im Finale in Berlin gesehen. Es könnte ein Spektakel werden. Unsere Mannschaft ist jederzeit in der Lage, die Spanier in Verlegenheit zu bringen. Das Schöne ist, das wir all diesen Ausnahmekönnern die gleiche Qualität entgegensetzen können.“
Per Mertesacker (ZDF): „Ich sehe die Problematik wirklich auf den Außenposition. Da werden wir in Eins-gegen-eins-Situationen kommen, die sehr, sehr schwierig zu verteidigen sind. Wenn wir da solide sind, haben wir echt eine gute Chance.“
Andreas Möller (kicker): „Spanien ist das Maß aller Dinge. Doch ich blicke dem Kracher mit gesundem Optimismus entgegen. Form schlägt Klasse! Natürlich muss man dafür eine Menge investieren. Deutsche Tugenden, die uns so oft stark gemacht haben, wie: Laufbereitschaft, Zweikampfstärke und viel Teamspirit. Ein großer Vorteil ist, dass uns in Stuttgart ein fantastisches Publikum vollends unterstützen wird.“
Bastian Schweinsteiger (ARD): „Spanien hat unheimliche Qualität. Sie spielen den Pass so scharf und so genau, dass du als Mitspieler mehr Zeit hast, wenn du ihn annimmst. Wenn sie die Passschärfe hoch halten, ist es extrem schwierig, an den Ball zu kommen. Gerade Williams kannst du fast nicht alleine stoppen, da muss Kimmich schon einen Sahnetag haben.“
Philipp Lahm (FAZ): „Es gibt viele tolle Duelle, die zwei offensiven Außenstürmer gegen unsere beiden Außenverteidiger, da wird man sehen: Wie weit sind wir, wie weit sind die? Ich finde auch Rodri gegen Ilkay Gündogan ein super interessantes Duell, weil Rodri für mich aktuell der beste Spieler auf der Welt ist, der einen unglaublichen Einfluss nimmt. Insgesamt wird entscheidend: Wie verteidigen wir, wie gut kriegen wir die Spanier in den Griff, wie können wir sie weg vom Tor halten? Und wie können wir, wenn wir den Ball erobern, die Angriffe zu Ende fahren? Wenn wir das nicht tun, kann es ganz schnell in die eigene Richtung gehen.“
Bild: ARD-Experte Bastian Schweinsteiger bei der EM (© AFP/SID/KIRILL KUDRYAVTSEV)