Eiskalt in der „Hölle“ von Istanbul: Dank der Matchwinner Harry Kane und Jamal Musiala hat der gnadenlos effektive FC Bayern im Hexenkessel von Galatasaray den nächsten Champions-League-Rekord aufgestellt und ist auf dem besten Weg ins Achtelfinale. Die Münchner setzten sich trotz einiger Wackler mit 3:1 (1:1) beim türkischen Rekordmeister durch und feierten den achten Auswärtssieg in der Gruppenphase nacheinander.
Kingsley Coman (8.) brachte das letzte Aufgebot von Trainer Thomas Tuchel an einem heißen Herbstabend am Bosporus in Führung, die Mauro Icardi (30., Foulelfmeter) ausglich. Als der Dauerdruck der Gastgeber nachließ, gelang Kane nach Vorarbeit von Musiala sein zweites Tor im laufenden Wettbewerb (73.), kurz darauf legte er Musialas Treffer auf (79.). Mit einem Heimerfolg im Rückspiel am 8. November könnten die jetzt in 37 Gruppenspielen ungeschlagenen Bayern schon einen großen Schritt in Richtung K.o.-Runde machen.
Die Gala-Fans unter den 52.000 im ausverkauften Rams Park machten von Beginn an einen ohrenbetäubenden Lärm – und irritierten mit einem Banner. „Wenn Jerusalem nicht frei ist, ist die Welt gefangen“, war darauf zu lesen; die Anhänger brachten damit – nicht zum ersten Mal – ihre Bindung zu Palästina zum Ausdruck. Auf einem anderen Spruchband wurde den Bayern ein wahrer „Albtraum“ angedroht.
Und tatsächlich legten die „Löwen“ in Gelb-Rot los, als wollten sie den Gästen die Hölle heiß machen. Die Münchner Abwehr mit dem nach muskulären Problemen und Palästina-Wirbel zurückgekehrten Noussair Mazraoui hatte gut zu tun. Stürmerstar Icardi, trotz Knöchelverletzung überraschend dabei, war früh gefährlich (4.).
Doch gleich der erste Bayern-Angriff sorgte zumindest kurzzeitig für Ruhe: Coman traf auf Zuspiel von Leroy Sane. Galatasaray ließ sich aber vom Rückstand nicht entmutigen und ging volles Risiko, Sven Ulreich rettete artistisch gegen Kerem Aktürkoglu (9.). Nach einem Fehler des Torwarts, der seinen Platz wohl schon am Samstag gegen Darmstadt 98 für Rückkehrer Manuel Neuer räumen muss, schoss Aktürkoglu drüber (11.).
Die Bayern bekamen in der ersten Hälfte nie Zugriff auf Spiel und Gegner. Den defensiven Außen Mazraoui und Alphonso Davies fehlte die Unterstützung, das Zentrum mit Kapitän Joshua Kimmich und Konrad Laimer, der für den verletzten Leon Goretzka in die Mitte gerückt war, wurde zu leicht überspielt.
Icardi nutzte den bereits neunten (!) Torschuss per Panenka-Heber vom Punkt zum 1:1 und ließ den Hexenkessel bei 131,1 Dezibel überkochen. Kimmich hatte den Argentinier gefoult. Aktürkoglu (38.) hatte sogar die Gelegenheit zur Führung. Und der deutsche Rekordmeister? Spielte unsauber und nutzte die Räume, die Gala durchaus bot, zu selten.
Dies gelang bei einem Gegenstoß nach Wiederbeginn, doch Sane schloss zu überhastet ab (50.). Etwas mehr Ballbesitz und dadurch Kontrolle war nun da, viele Abschlussmöglichkeiten ergaben sich aber nicht. Sane (63.) ließ eine weitere ungenutzt. Gala allerdings ging jetzt zusehends die Puste aus.
Und plötzlich schlugen die Bayern eiskalt zu. Nach Vorarbeit von Musiala machte erst Kane seinem Ruf als Vollstrecker alle Ehre. Galatasaray wirkte geschockt, demoralisiert. Kane behielt dafür den Überblick, legte im Strafraum für Musiala auf – und der verwandelte ebenfalls eiskalt. Der Hexenkessel war danach abgekühlt. Auch die Bayern-Fans waren nun zu hören.
SID